Heilpflanze des Jahres 2024.

Keine andere Pflanze ist so stark mit den Märchen unserer Kindheit verbunden als der Holunder. Der Baum, der den Sagen nach der lichtbringenden Göttin Holla oder auch Holda geweiht war. Wir alle kennen das Märchen der Gebrüder Grimm ‚Frau Holle‘.

Der Schwarze Holunder hat viele Namen, so wird er auch Holler, Hollerbusch, Ellhorn oder Schwarzer Flieder genannt. Überall aber ist er unter seiner botanischen Bezeichnung Sambucus nigra bekannt.

Es gibt unterschiedliche Mutmaßungen woher sich der Name Holunder ableitet. Eine Möglichkeit ist ‚Holun‘ aus den althochdeutschen, was soviel wie heilig, gnädig bedeutet und ‚Tar‘, was Baum, Strauch heißt.

Der Schwarze Holunder ist in erster Linie eine wertvolle Pflanze für die Tierwelt. Die Blüte lockt viele Insekten und die Früchte dienen vor allem den Vögeln als wichtige Nahrungsquelle.

Für die Kelten war der Holunder ein heiliger Baum, ein Baum des unendlichen Lebens.

Die Germanen begruben ihre Toten unter einem Holunder.

Der Glaube an das Besondere dieses Baumes, seine Verbindung zu den Göttern aber auch zu den Verstorbenen, verboten es den Holunder zu fällen. Sollte ein Holunder trotzdem gefällt werden, brachte dies Krankheit und den Tod mit sich.

Man sagt, der Holunder ist der Übergang zur Unterwelt. Hellsichtige Menschen, die unter einem Holunder einschlafen spüren Zwerge und Kobolde in der Nähe. Menschen, denen die Hellsichtigkeit verschlossen bleibt spüren lediglich Kopf- und Gliederschmerzen. In Schweden erzählt man sich, dass, wenn man sich am Mittsommerabend in der Abenddämmerung unter einem blühenden Holunder setzt, man den Elfenkönig mit seinem Hofstaat sehen kann.

Bei uns in Nordeuropa war es ein Brauch, die Verstorbenen auf Holunderreisig zu betten.

Die Germanen hielten den Holunder, der dicht am Haus wuchs, als Wohnort des Hausgeistes – der großen Göttin Holla. Diese begleitete nicht nur die Verstorbenen in die Unterwelt, sondern half auch bei ihrer Wiederkehr, der Geburt. Den Holunder zog es in die Nähe der Menschen, er kam von alleine auf die Höfe und in die Nähe von Haus und Stall.

Der Schwarze Holunder ist ein Baum der Gegensätze. Im Winter wirkt der Baum alt, morsch und schon fast tot, im Frühjahr treibt er voller Elan aus und wirkt mit seinem frischen Grün und den zarten weißen Blüten jung und frisch. Aus den weißen Blüten entstehen schwarze Beeren. Der Holunder gilt als starke Heilpflanze, ist aber auch giftig.

Die duftenden weißen Blüten nutzen wir getrocknet als schweiß- und harntreibende Tee, der bei Erkältungskrankheiten getrunken wird. Auch bei Kopfschmerzen und zur Beruhigung wird dieser Tee genutzt. Ebenfalls bei Erkältungskrankheiten werden die Früchte des Holunders eingesetzt. Diese vitaminreiche Frucht wird als Sirup, Saft, Mus oder Wein aufgearbeitet. Roh sind die Beeren nicht bekömmlich, cyanogene Glykoside rufen Übelkeit und Brechreiz hervor. Aufgekocht zerfallen die Glykoside und die Beeren mit ihren wertvollen Inhaltstoffen können genutzt werden. Die Beeren wirken antiviral, antioxidativ und immunstärkend. Sie verfügen über einen hohen Vitamin C Gehalt. Blätter und Rinde vom Holunder wurden früher in der Volksheilkunde ebenfalls genutzt. Die Blätter wurden bei rheumatischen Erkrankungen eingesetzt und zu Salbe verarbeitet bei Prellungen, Geschwüre und Frostbeulen verwendet. Die Rinde galt als heftiges Brech- und Abführmittel.

Aus dem Samen des Schwarzen Holunders wird ein Öl gewonnen, welches in der Medizin und Kosmetik verwendet wird.

Die Anthocyane, die Farbstoffe der Früchte wurden zum Färben von Textilien, Leder, Haaren und Lebensmittel genutzt. Mittlerweile findet der Farbstoff in der Lebensmittel- und Textilverarbeitung wieder Beachtung.

Generell haben die Blüten sowie die Früchte einen Siegeszug in unsere Küchen gehalten. In Teig gebackene Holunderblüten, Holunderblütensirup oder -gelee sind kaum noch aus unserer Küche wegzudenken. Marmelade, Kompott, Likör, Kuchen und Saft werden aus den Früchten gezaubert.

Selbst das Holz des Schwarzen Holunders findet Verwendung in der Fertigung von Tabakpfeifen und im Kunsthandwerk. Die Äste sind innen mit einem Mark versehen, was dem Holz ein hohles Aussehen verleiht.

Der Schwarze Holunder, ein vielfältiger Baum mit einer ebenso vielfältigen Geschichte. Es gibt noch einige Verwandte dieses Baumes, wie der Rote Holunder und der Zwergholunder auch Attich genannt, mit seinen nach oben gerichteten Blüten- und Fruchtdolden. Diese Holunderarten sind  allerdings nicht bekömmlich und eher unscheinbar gegenüber ihres großen und mystischen Verwandten.

(© Petra Nadolny 2024)

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